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Als ich noch alleinerziehende Mutter war | Gastbeitrag

Alleinerziehende Mutter zu sein ist hart, ich kenne dieses Situation aus Sicht des Kindes, denn ich bin bei meiner alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Denn ja, ich selbst bin ein Scheidungskind der 80er Jahre und ich weiß, dass es für meine Mama nicht immer sehr einfach war. Eigentlich war es glaube ich niemals einfach für sie. In der damaligen Zeit war es noch selten, sich scheiden zu lassen. Sie hat getan was sie konnte, um mir ein tolles Leben zu bereiten. Doch wie es in ihr vorging. Das weiß ich natürlich nicht.

Einen Blick in die Seele einer alleinerziehenden Mutter schenkt uns heute Gastautorin Manu. In einem Brief an sich selbst.

Manu wohnt in Wien und betreibt mit ihrer Freundin Eva den Blog Junika. Ihre älteste Tochter Johanna, die dieser Text am meisten betrifft, hat ihn nicht nur gut geheißen, sondern steht wie immer mit voller Kraft und Liebe hinter ihrer Mama.

Ein Brief an mich selbst,

als ich noch alleinerziehende Mutter war

Liebe Manu,

dies ist ein Brief von dir an dich, aus der Zukunft in die Vergangenheit.

Du bist mittlerweile 40 Jahre alt und dein Leben ist heute völlig unterschiedlich zu dem Leben, das du mit deiner Tochter alleine geführt hast. Das ist dein Verdienst und dafür bin ich dir sehr dankbar. Du bist heute ein ganz anderer Mensch, hast viel dazu gelernt und dich weiterentwickelt. Heute stellst du dir Fragen über die du damals vielleicht milde gelächelt hättest. Und obwohl diese Fragen so alt wie die Emanzipation der Frau selbst sind, bleiben sie für dich dennoch unbeantwortet und beschäftigen dich ungemein, da sie dich selbst hinterfragen. Das was du warst und das was du bist.

Wäre es besser „nur“ Mutter zu sein? Reicht das? Ist es wertvoller Mutter und berufstätig zu sein?

Du wunderst dich bestimmt, wie gerade ich es wagen kann dir solche Frage zu stellen, denn ich kenne dich doch. Gerade ich sollte doch wissen, dass du alleinerziehende Mutter bist. Gerade ich sollte wissen, dass du keine Wahl hattest! Natürlich arbeitest du viel und willst immer und überall 100 Prozent geben. Ich weiß, dir gefällt die Idee, dass du alles unter einen Hut bringen kannst und eigentlich will ich gar nicht die sein, die diese Illusion zerstört.

Aber man kann eben nicht alles haben.

Denn ich weiß auch, dass du letzte Woche mal wieder einen Elternabend verpasst hast und die ersten 15 Minuten der Schulaufführung letztes Jahr erst auf Video gesehen hast. Dein schlechtes Gewissen plagt dich, weil deine Tochter ihre Bücher eher vom CD-Player vorgelesen bekommt als von dir und du dich in eurer gemeinsamen Freizeit lieber erholst, als mit ihr zu backen oder zu basteln.

Du willst ihr alles bieten können und dich gleichzeitig nicht selbst aufgeben, sondern Karriere machen und beruflich weiterkommen. Schließlich bist du die Hauptverdienerin, die Hauptversorgerin, denn ihr Vater lässt sich kaum blicken und ist vor allem mit sich selbst beschäftigt. Du trägst so viel Verantwortung und machst dir so viele Sorgen, obwohl alles was du tust richtig ist. Zeit für dich selbst oder dein Privatleben bleibt kaum. Du hast eben keinen Zauberhut. Doch ich kann dich beruhigen. Manchmal wirkt es vielleicht wirklich wie Zauberei, aber sie ist trotz berufstätiger Mutter zu einem wunderbaren Menschen geworden.

Du darfst deine Zeit genießen

Und es wird noch viel mehr Magie in deinem Leben geben. Du wirst einen Mann finden, der dich über alles liebt und dich nicht mehr gehen lässt. Ihr werdet heiraten und du wirst wieder Mutter werden. Mittlerweile hast du vier, davon drei leibliche Kinder und du darfst die Zeit mit ihnen genießen. Du darfst! Einerseits wird nämlich dieser immense wirtschaftliche Druck durch deinen Ehemann wegfallen, andererseits wirst du überrascht sein wie viel Erfüllung du im Muttersein finden wirst. Du erlebst Dinge, die du bei deiner Großen verpasst hast und du wirst das ein oder andere bedauern, aber ich möchte nicht, dass du es bereust, denn es ging eben nicht anders. Du hattest damals keine Wahl und jetzt schon.

Natürlich gibst du deine „Karriere“ nicht auf. Du arbeitest weiter in der Personalentwicklung, aber eben viel weniger und von daheim. Außerdem hast du mit einer lieben Freundin zwei Kochbücher geschrieben und betreibst mit ihr einen Blog. Endlich wirst du es dir auch erlauben können zu träumen. Und trotz all dem was durchgemacht, erlebt und geschafft hast, wird dich dein Gewissen plagen, denn andere Mütter stehen voll im Job, sind unabhängiger und schaffen es eben scheinbar alles unter einen Hut zu kriegen.

Ich konnte das nicht so gut wie die Mütter von heute

Und manchmal denkst du: „Ich konnte das nicht so gut wie die Mütter von heute.“ Doch das ist nicht wahr. Denn auch die Mütter von heute, mögen sie sich auch noch so perfekt nach außen präsentieren, haben nur zwei Hände und auch deren Tag hat nur 24 Stunden. Niemand kann alles zu 100 Prozent schaffen!

Und schau, du hast es dir vielleicht nicht ausgesucht, aber hättest du die Wahl gehabt, wäre deine Entscheidung für die Berufstätigkeit genauso wunderbar gewesen, wie die dagegen. Denn es ist und bleibt eine sehr persönliche Entscheidung und am Ende geht es niemanden da draußen etwas an!

Bleib du selbst und tu weiter dein Bestes,

ich kann dir sagen, es wird alles gut und sogar noch besser!

Deine Manu

Foto: Johanna auf dem Weg nach Dublin an ihrem 18. Geburtstag mit ihrer Mama


Liebe Manu! Vielen Dank für deinen Brief. Ich bin mir sicher du bist eine tolle Mama und auch immer schon gewesen. Wir Kinder lieben auch unserer kämpfenden Alleinerziehermamas über alles <3 hab auch so eine daheim! Sei stolz auf dich!